Betreuungsverfahren

Der Betreuer wird vom Vormundschaftsgericht bestellt. Die Betreuungsanordnung erfolgt in einem gerichtlichen Verfahren (65 ff. FGG), für das spezielle Verfahrensgarantien festgelegt wurden. Zuständig ist das Vormundschaftsgericht, eine Abteilung des Amtsgerichtes. Der Betreute ist immer verfahrensfähig (§ 66 FGG) und kann zum Beispiel gegen Beschlüsse Beschwerde einlegen und/oder einen Anwalt oder einen Bekannten mit seiner Vertretung beauftragen (§ 67 Abs. 1 Satz 7 FGG).

Sachverständigengutachten

Der Betreute muss durch einen unabhängigen Sachverständigen begutachtet werden. Aus dem Sachverständigengutachten muss die Notwendigkeit und der Umfang der Betreuung sowie die voraussichtliche Dauer der Hilfsbedürftigkeit hervorgehen. Ein (selbst vorgelegtes) ärztliches Zeugnis, ist nur dann ausreichend, wenn der Betroffene eine Betreuerbestellung selbst beantragt. In Eilfällen genügt gleichfalls ein ärztliches Zeugnis, die Begutachtung ist aber nachzuholen. Der Sachverständige ist verpflichtet, vor der Erstattung seines Gutachtens den Betroffenen persönlich zu untersuchen und zu befragen.

Bestellung eines Verfahrenspflegers

Soweit der Betroffene nicht in der Lage ist, seine Interessen hinreichend selbst wahrzunehmen, bestellt das Gericht ihm einen Pfleger für das Verfahren. Er soll den Betroffenen im Verfahren unterstützen, z. B. ihm die einzelnen Verfahrensschritte, den Inhalt der Mitteilungen des Gerichts und die Bedeutung der Angelegenheit erläutern. Erkennbare Anliegen des Betroffenen hat er - soweit sie mit dessen Interessen vereinbar sind - dem Gericht zu unterbreiten, damit diese Wünsche in die Entscheidung des Gerichts einfließen können.

Persönliche Anhörung des Betroffenen

Das Gericht muss vor einer Entscheidung in Betreuungssachen den Betroffenen - von wenigen Ausnahmefällen abgesehen - persönlich anhören und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm verschaffen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich das Gericht hinreichend über die Persönlichkeit des Betroffenen informiert. Den unmittelbaren Eindruck soll sich das Gericht in der üblichen Umgebung des Betroffenen verschaffen, wenn er es verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient. Gegen seinen Willen soll der Betroffene jedoch nicht in seiner Privatsphäre gestört werden.

Widerspricht er daher einem Besuch des Richters bzw. der Richterin, so findet die Anhörung im Gericht statt. Der Anhörungstermin muss, sofern ein Verfahrenspfleger bestellt ist, in dessen Gegenwart durchgeführt werden. Das Gericht kann auch bereits in dieser Phase des Verfahrens einen Sachverständigen hinzuziehen. Auf Wunsch des Betroffenen kann eine Person seines Vertrauens teilnehmen. Weiteren Personen kann das Gericht die Anwesenheit gestatten, jedoch nicht gegen den Willen des Betroffenen.

Das Ergebnis der Anhörungen, das Sachverständigengutachten oder das ärztliche Zeugnis sowie die Person des Betreuers und dessen etwaiger Aufgabenbereich werden mit dem Betroffenen erörtert, soweit dies zur Gewährung des rechtlichen Gehörs oder zur Sachaufklärung notwendig ist (sog. Schlussgespräch). Das Schlussgespräch kann mit der persönlichen Anhörung des Betroffenen verbunden werden.

Beteiligung Dritter

Das Gericht gibt der Betreuungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung, wenn der Betroffene dies verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient. In der Regel sollen auch Ehegatten, Lebenspartner bzw. Lebenspartnerinnen, Eltern, Pflegeeltern und Kinder Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten - es sei denn, der Betroffene widerspricht mit erheblichen Gründen. Auf Wunsch des Betroffenen hat das Gericht auch eine weitere ihm nahe stehende Person anzuhören, allerdings nur, wenn dadurch keine erhebliche Verzögerung eintritt.

Umfang der Betreuung

Betreuer dürfen nur für die Aufgabenkreise bestellt werden, in denen eine Betreuung tatsächlich erforderlich ist. Bereiche, die die Betroffenen selbst erledigen können, dürfen dem Betreuer nicht übertragen werden.

Dauer der Betreuung

In der gerichtlichen Entscheidung ist eine Befristung festgelegt. Spätestens nach sieben Jahren muss über die Aufhebung oder Verlängerung entschieden werden. Die Betreuerbestellung darf nicht länger als notwendig dauern, deshalb ist die Betreuung aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Der Betreute oder der Betreuer können dem Vormundschaftsgericht den Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit mitteilen.

Auswahl des Betreuers

Auch die Betreuerauswahl und –bestellung erfolgt innerhalb des Betreuungsverfahrens. Der Betroffene hat die Möglichkeit, selbst eine Person als Betreuer vorzuschlagen. Unter bestimmten Umständen können mehrere Betreuer für einen Betreuten bestellt werden (§ 1899 BGB), z. B. auch ein Verhinderungsbetreuer. Für die Sterilisation ist stets ein spezieller Betreuer (Sterilisationsbetreuer) zu bestellen.

im Betreuungsverfahren hat das Gericht folgende Rangfolge einzuhalten:

  • Wunsch des Betroffenen
  • Ehegatte, Lebenspartner, Eltern oder Kinder
  • weitere Verwandte oder Bekannte
  • andere ehrenamtliche Betreuer
  • Vereinsbetreuer, Behördenbetreuer oder Berufsbetreuer
  • Betreuungsverein oder Betreuungsbehörde

Nur triftige Gründe rechtfertigen eine Abweichung. Vom Vorschlag des Betroffenen darf das Vormundschaftsgericht nur abweichen, wenn dieser dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. In Form einer Betreuungsverfügung kann bereits ein Vorschlag für den Fall gemacht werden, dass die Betreuerbestellung unerwartet zu erfolgen hat. Dadurch kann ein eventueller Familienkonflikt verhindert werden.

In der Praxis wird auch die obige Reihenfolge eingehalten, so dass in den meisten Fällen die Betroffenen von nahen Angehörigen betreut werden.

Bekanntmachung, Wirksamkeit, Betreuerurkunde

Die Entscheidung ist dem Betroffenen, dem Betreuer, dem Verfahrenspfleger und der Betreuungsbehörde bekannt zu geben. Wirksamkeit erlangt die Entscheidung in der Regel mit der Bekanntgabe an den Betreuer. Der Betreuer wird vom Gericht (Rechtspfleger/Rechtspflegerin) mündlich verpflichtet; er erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Diese Urkunde dient als Ausweis für die Vertretungsmöglichkeit. Sie ist sorgfältig aufzubewahren.

Im Zweifel ist sie zusammen mit dem Personalausweis zu verwenden, da sie kein Lichtbild enthält. Die Urkunde sollte nicht im Original an Dritte übersandt werden; Ablichtungen oder beglaubigte Ablichtungen reichen dafür in der Regel aus. Nach Beendigung der Betreuung ist die Urkunde an das Gericht zurückzugeben.

Einstweilige Anordnung

Das beschriebene Verfahren, das eine umfassende Ermittlungstätigkeit des Gerichts erfordert, nimmt gewisse Zeit in Anspruch. Häufig muss jedoch rasch gehandelt werden. Dann kann das Gericht in einem vereinfachten Verfahren durch einstweilige Anordnung einen vorläufigen Betreuer bestellen, einen vorläufigen Einwilligungsvorbehalt anordnen, einen Betreuer entlassen oder den Aufgabenkreis des bestellten Betreuers vorläufig erweitern.

Eilmaßnahmen sind allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und dürfen keinesfalls länger als höchstens ein Jahr bestehen bleiben.

In besonders eiligen Fällen kann das Gericht anstelle eines Betreuers, solange dieser noch nicht bestellt ist oder wenn er seine Pflichten nicht erfüllen kann, selbst die notwendigen Maßnahmen treffen.

Rechtsmittel

Als Rechtsmittel kommen in Betracht

  • die (unbefristete) Beschwerde;
  • die sofortige Beschwerde, die innerhalb von zwei Wochen eingelegt werden muss.

Welches Rechtsmittel im Einzelfall in Betracht kommt, wo und auf welche Weise es einzulegen ist, ergibt sich aus der Rechtsmittelbelehrung, die das Gericht seiner Entscheidung beizufügen hat. Über die Beschwerde entscheidet das Landgericht. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist unter bestimmten Voraussetzungen die weitere Beschwerde bzw. die sofortige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht möglich.

Kosten des Verfahren

Für die Führung der Betreuung werden Kosten des Gerichts (Gebühren und Auslagen, insbesondere die Dokumentenpauschale und Sachverständigenauslagen) nur erhoben, wenn das Vermögen des Betreuten nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000,-- Euro beträgt. Nicht berücksichtigt wird dabei ein angemessenes Hausgrundstück, wenn das Haus des betreuten Menschen, dem nicht getrennt lebenden Ehegatten bzw. Lebenspartner oder seinem minderjährigen unverheirateten Kind allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach seinem Tod weiter bewohnt werden soll. Als Jahresgebühr für eine auf Dauer angelegte Betreuung werden vom 25.000,-- Euro übersteigenden Vermögen 5,-- Euro für jede angefangenen 5.000,-- Euro, mindestens aber 10,-- Euro erhoben.

(Quelle: Broschüre „Betreuungsrecht“, Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz)